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Ludwig I. von Pfalz-Zweibrücken, der „schwarze“ Ritter

Ludwig I. von Pfalz-Zweibrücken, der „schwarze“ Ritter

Abstract

In the second half of the 15th century, Louis I, Count Palatine of Zweibrücken established a vast network of residences. His territories were rather small and scattered but rich of natural resources, especially silver. He succeeded in marrying Johanna of Croÿ, daughter of Count Antoine I de Croÿ, the Governor General of the Netherlands and Luxembourg. Louis I tried to gain more influence in the Holy Roman Empire, too, and came into conflict with his cousin Frederick I, Elector Palatine. In 1471, Louis I has been finally beaten. He lost large parts of his territory and had to swear fealty to Frederick I.

Die Kunstgeschichte neigt dazu, Geschichten von Siegern zu erzählen. Hätte Ludwig I. von Pfalz-Zweibrücken (1424-1489) – genannt „der Schwarze“ – seine politischen Ambitionen verwirklicht, wären vermutlich auch die Bauten und Stiftungen dieses Fürstentums nicht so schnell in Vergessenheit geraten. Ludwig I. aus der Dynastie der Wittelsbacher war ein Enkel des römisch-deutschen Königs und Kurfürsten Ruprecht III. von der Pfalz. 1454 heiratete er Johanna, die älteste Tochter von Antoine I. de Croÿ, dem ersten Minister am Hof der Herzöge von Burgund.

Meisenheim in der Topographia Germaniae von M. Merian, 1648
Meisenheim in der Topographia Germaniae von M. Merian, 1648

Politisch glücklos verliefen hingegen Ludwigs I. kriegerische Auseinandersetzungen mit seinem Vetter Friedrich I. dem Siegreichen, dem Kurfürsten von der Pfalz. Durch einige geschickte Gunstbeweise Kaiser Friedrichs III. hatte Ludwig I. sich vermutlich sogar Hoffnungen auf die Kurwürde gemacht. Bis 1471 weigerte er sich, die kurpfälzische Lehenshoheit anzuerkennen. Dann wurde er endgültig geschlagen und verlor zahlreiche Gebiete an seinen Heidelberger Vetter. Ludwigs I. Bündnispartner hatten ihm letztendlich nicht die nötige Unterstützung gebracht.

Schloss Simmern in der Topographia Germaniae von M. Merian, 1648
Schloss Simmern in der Topographia Germaniae von M. Merian, 1648

Von den Schlössern der Herzöge von Pfalz-Zweibrücken in Zweibrücken, Meisenheim und Simmern ist heute kaum noch etwas erhalten. Alle diese drei Anlagen wurden in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts repräsentativ ausgebaut. In Meisenheim am Glan, der Familiengrablege, zeugt heute nur noch die ambitionierte Architektur der ehem. Schlosskirche vom Anspruchsniveau Ludwigs I.

Meisenheim, Übersichtsplan (Google Maps)
Schlossareal Meisenheim, Übersichtsplan (Google Maps)

Der östliche Teil der Kirche mit der Grabkapelle Ludwigs I. wurde von 1479 bis 1486 errichtet (Holzaltersbestimmung des Dachstuhls). Das Langhaus war 1499, die Errichtung des Turms spätestens 1522 vollendet. Als Baumeister wird in den Rechnungen Philipp von Gmünd genannt, ein Nachfolger des Frankfurter Meisters Madern Gerthener (gest. 1430), der aufwändige Luftrippen- und Maßwerkgewölbe entwarf. Ein solches Luftrippengewölbe mit figürlichen Schlusssteinen ziert auch die Grabkapelle Ludwigs I. in Meisenheim. Besonders reiches Maßwerk als ‚höfischen Stil‘ finden wir auch an anderen fürstlichen Grablegen dieser Zeit, wie dem Grabmal Margarete von Österreichs im Kloster Brou (Bourg-en-Bresse).

Schlosskirche Meisenheim, Grabkapelle Ludwigs I. von Pfalz-Zweibrücken, 2014
Schlosskirche Meisenheim, Grabkapelle Ludwigs I. von Pfalz-Zweibrücken, 2014

Betreut wurde die Kirche von der Meisenheimer Johanniterkommende, die täglich an der Grabkapelle des Stifters vorbei in den Chor zog. Weithin sichtbar ist bis heute der steinerne Turmhelm, der mit seinem „Mastkorb“ an burgundisch/ niederländische Architektur erinnert.

Magdalenenbau von Nordosten, ehem. Öffnung des Gangs zum Oratorium
Magdalenenbau von Nordosten, ehem. Öffnung des Gangs zum Oratorium

Der südlich neben der Kirche gelegene Magdalenenbau ist das einzige erhaltene Gebäude der Schlossanlage. Er wurde 1614 als Witwensitz für Magdalena von Jülich-Kleve-Berg (aus)gebaut. Noch heute ist die ehemalige Öffnung zu sehen, über die der Magdalenenbau mit einem Oratorium in der Schlosskirche verbunden war. Hier handelt es sich vielleicht schon um eine ältere Einrichtung aus der Bauphase um 1500/1520.

Schlosskirche Meisenheim, Oratorium neben der Westempore, 2014
Schlosskirche Meisenheim, Oratorium neben der Westempore, 2014

Nur eine Ansicht der Stadt Meisenheim aus dem 18. Jahrhundert zeigt die anderen Schlossgebäude. Hier fällt besonders der sogenannte „Stephansstock“ (nach Ludwigs I. Vater Stefan von Pfalz-Simmern-Zweibrücken) auf, der außerhalb der Stadtmauer liegt. Die unteren Geschosse dieses Wohnturms sind aus Stein, die oberen aus Fachwerk errichtet. Der Baukörper ist von sechs Türmchen umgeben, vier davon an den Ecken. Nach einer heute verlorenen Bauinschrift wurde der Stephansstock 1459 errichtet.

Schlosskirche und Schlossbauten von Südosten, Zeichnung 18. Jh., Bibliothèque Municipale Nancy, Ms. 310 (740)
Schlosskirche und Schlossbauten von Südosten, Zeichnung 18. Jh., Bibliothèque Municipale Nancy, Ms. 310 (740)

Wie die Reichen Herzöge von Bayern-Landshut (und andere) orientierte Ludwig I. sich kulturell am Herzogtum Burgund, das auch geographisch nicht allzu weit entfernt lag. Seine Ehe mit Johanna de Croÿ ist ein dynastisches Ausgreifen nach Westen. Bündnispolitisch suchte er dann die Nähe Kaiser Friedrichs III, was ihm letztendliche vor allem die Niederlage gegen Friedrich den Siegreichen einbrachte. Ludwigs I. Grablege in der Meisenheimer Johanniter- und Schlosskirche, wo er auch eine umfangreiche Reliquiensammlung aufbaute, zeugt heute noch vom höfisch-ritterlichen Horizont des Pfalzgrafen. Seinen Sohn benannte er dann auch nach einem der größten Romanhelden des 15. Jahrhunderts und ‚Ritter‘ der Antike: Alexander.

gitter grabkapelle
Schlosskirche Meisenheim, Gitter an der Grabkapelle Ludwigs I. von Pfalz-Zweibrücken, um 1500

Literatur

Wilhelm Weber: Schloss Karlsberg, Legende und Wiklichkeit. Die Wittelsbacher Schlossbauten im Herzogtum Pfalz-Zweibrücken, Homburg-Saarpfalz 1987.

Jürgen Keddigkeit, Christa Syrer: Meisenheim, St. Philipp und Jakobus. Johanniter-Priesterkommende, in: Pfälzisches Klosterlexikon, Bd. 3: M-R, Kaiserslautern 2015, S. 60-89.

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